Wegweisendes Urteil für Arbeitgeber im Bereich Mitarbeiterüberwachung

Datenschutz und Treuepflichtverletzung

Wer einen Mitarbeiter überwachen lassen möchte, kommt sehr schnell mit dem Bundesdatenschutzgesetz in Berührung. Denn die Aufklärung von Verdachtsfällen und die Beweissicherung im Arbeitsverhältnis– beispielsweise durch den Einsatz eines Detektivs und/oder bei verdeckter Videoüberwachung – ist mit einer Verarbeitung von Mitarbeiterdaten verbunden, und damit kommt das Datenschutzrecht ins Spiel.

Offenkundige Treuepflichtverletzung erlaubt Mitarbeiterüberwachung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Juli 2017 ein wegweisendes Urteil gesprochen, das den Einsatz eines Detektivs und die Verarbeitung von Mitarbeiterdaten bei einem schweren Fall von Treuepflichtverletzung erlaubt (Urt. v. 29. Juli 2017; 2 AZR 597/16).

Hintergrund war die Kündigung eines Arbeitnehmers, der knapp 40 Jahren im Stanzformenbau beschäftigt war. Nachdem seine Söhne im Jahr 2013 einen eigenen Stanzformenbetrieb eröffnet hatten, war der Arbeitnehmer mehrfach krankgeschrieben und konnte ab 2015 überhaupt nicht mehr arbeiten. Verdächtig wurde dieses Verhalten spätestens, als dem Arbeitgeber durch Zufall eine E-Mail zur Kenntnis kam, in der die Söhne mit der 38jährigen Erfahrung des Vaters im Montieren von Stanzformen warben. Unter anderem heißt es:

„ … wir verkaufen unsere Produkte sehr kosten günstig bei gleich Qualität wie man eine Stafo so kennt, da wir unsere Werkzeuge in einem Familienunternehmen fertigen können wir einige kosten sparen und unsere Kunden da entgegenkommen, deswegen haben wir einige große vorteile gegenüber meine Konkurrenten. Mein Vater M. A. montiert seit 38 Jahren, unglaublich was er alles so hinbekommt … „


Der Inhalt dieser E-Mail zusammen mit der häufigen Arbeitsunfähigkeit des Mannes weckte bei seinem Arbeitgeber den nachvollziehbaren Verdacht, dass sein Arbeitnehmer die Krankheit nur vortäuschte, um trotz seines bestehenden Arbeitsverhältnisses wettbewerbswidrig für die Firma seiner Söhne zu arbeiten.

Um diesem Verdacht nachzugehen und Beweise zu sichern, beauftragte das Unternehmen einen Detektiv und sprach – nachdem sich der Anfangsverdacht erhärtet hatte – die sofortige Kündigung aus.
Fest stand, dass eine Tätigkeit für die Firma der Söhne eine wettbewerbswidrige Pflichtverletzung begründen und eine sofortige Kündigung rechtfertigen würde.

Der gefeuerte Arbeitnehmer akzeptierte die Kündigung jedoch nicht und behauptete, er sei tatsächlich krank gewesen. Auch habe er nicht wettbewerbswidrig für die Firma seiner Söhne gearbeitet.

Streitthema war nun, inwieweit die Untersuchungsergebnisse des Detektivs vor Gericht verwertbar sein sollten.

Alle Vorinstanzen lehnten die von ihm ermittelten Beweise ab, da eine Treuepflichtverletzung kein Straftat sei, wie es im Bundesdatenschutzgesetz § 32 Satz 2 geregelt ist, ein Paragraf, der beispielsweise bei der verdeckten Videoüberwachung eine große Rolle spielt, wenn sich in einem Betrieb Diebstähle häufen:

Allerdings ist das BUNDESARBEITSGERICHT in seinem Urteil vom Juli 2017 zu der Auffassung gekommen dass eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung zwar nicht als Straftat gelten kann aber, dass der Datenschutz in schweren Fällen von Treuepflichtverletzungen nicht automatisch zu Kündigungsschutz führt und Beweise einer Pflichtverletzung, die durch die Arbeit eines Detektivs ermittelt worden sind, vor Gericht verwertbar sind.

Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte durch Mitarbeiterüberwachung muss nach wie vor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der beiderseitigen Interessenabwägung folgen.

Ausschlaggebend ist, dass

  • es sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung handelt,
  • ein konkreter Verdacht besteht,
  • mildere Mittel nicht in Betracht kommen.

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